Funkstille nach 50 Jahren: Koreas stille Welle

Das Ende eines 50-Jahre-Kapitel

Anfang Oktober setzte die südkoreanische Nationale Nachrichtenagentur alle Radio- und TV-Sendungen nach Nordkorea aus, nur zehn Tage nach Amtsantritt des neuen Direktors.
Bereits im Juni hatte die Regierung Lee Jae-myung die militärischen Lautsprecherübertragungen eingestellt und damit einen politischen Öffnungsversuch gestartet.
In Artikeln von Reuters, BBC, KBS, Newspim, Yonhap und 38North wird das Ende einer Ära beklagt und viele fragen sich, was nun mit der seit 1973 fortgeführten Informationsbrücke passiert

Stille auf den Frequenzen

Forscher von 38North dokumentierten einen Absturz der täglichen Sendezeit von 415 auf 89 Stunden und einen Rückgang der aktiven Frequenzen von 25 auf nur noch 6.
Die meisten verbleibenden Stunden übernimmt KBS Hanminjok, unterstützt von der Verteidigungs-Radio Voice of Freedom, während private NGO-Sender ums Überleben kämpfen.
Blogs auf Naver und Tistory warnen, dass bei einem weiteren Stopp nur noch BBC Korea und wenige Bürger-Radios übrig blieben – kaum genug, um nordkoreanische Störstrahler zu durchdringen

Heimliche Ohren jenseits der Grenze

In einem Land ohne freies Internet und regierungstreue Medien bleibt das kleine Transistorradio der einzige Ausweg für Neugierige!
Ehemalige Insassen und Blogger auf Naver berichten von heimlichen Empfangsabenden am Herd und ständigen Angstmomenten, als Spione verunglimpft zu werden.
In Tistory-Beiträgen schildern Nutzer, wie ein Zehntel der Bevölkerung regelmäßig ausländische Sender sucht, weil sie hungrig nach Wahrheit und Kultur sind

Friedensgeste oder Isolation?

Manche sehen die Sendepause als Schritt zur Entspannung auf Naver-Kommentarseiten, feiern den Wegfall der Propaganda-Duelle und hoffen auf bessere Beziehungen.
Andere auf Tistory kritisieren, dass damit Nordkoreaner von Menschenrechts- und Alltagsinformationen abgeschnitten werden – ein Leerlauf, der dem Regime nützt.
Mit VOA-Stillstand seit März und der Demontage der RFA stellt sich die Frage: Stärkt Seoul unfreiwillig die Mauer um Nordkorea anstatt sie zu durchbrechen?