Wissenschaftliche Revolution oder ethisches Minenfeld? Britische Forscher starten umstrittenes Projekt zur künstlichen DNA-Synthese

Jun 27, 2025
Wissenschaft und Technologie
Wissenschaftliche Revolution oder ethisches Minenfeld? Britische Forscher starten umstrittenes Projekt zur künstlichen DNA-Synthese

Der Beginn einer neuen Ära: Wenn Wissenschaft auf Kontroverse trifft

Wussten Sie, dass wir gerade Zeuge des Beginns eines der umstrittensten wissenschaftlichen Projekte der modernen Geschichte geworden sind? Ein Team britischer Forscher hat offiziell das Synthetic Human Genome Project (SynHG) gestartet - eine bahnbrechende Initiative, die verspricht, die Bausteine des menschlichen Lebens, die DNA, vollständig von Grund auf in Laboren zu erschaffen. Dieses Projekt hat eine Anfangsfinanzierung von 10 Millionen Pfund vom Wellcome Trust erhalten, der weltweit größten medizinischen Wohltätigkeitsorganisation.

Diese Forschung war jahrzehntelang tabu aufgrund der Befürchtungen, dass sie zu Designer-Babys oder unvorhersehbaren Veränderungen für zukünftige Generationen führen könnte. Aber heute hat sich die Situation mit dieser massiven Finanzierung geändert, die behauptet, dass das Projekt das Potenzial hat, mehr Gutes als Schaden zu bewirken, indem es Behandlungen für viele unheilbare Krankheiten beschleunigt.

Dr. Julian Sale vom MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge, der Teil des Projekts ist, sagte gegenüber BBC News, dass diese Forschung den nächsten großen Sprung in der Biologie darstellt. Die Möglichkeiten seien grenzenlos: Sie erforschen Therapien, die das Leben älterer Menschen verbessern werden, die ein gesünderes Altern und weniger Krankheiten ermöglichen. Mit diesem Ansatz wollen sie krankheitsresistente Zellen erzeugen, die zur Regeneration beschädigter Organe wie Leber, Herz und sogar des Immunsystems verwendet werden können.

Die revolutionäre Technologie hinter der DNA-Synthese verstehen

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Um das Ausmaß dieses Fortschritts zu verstehen, müssen wir uns daran erinnern, dass das ursprüngliche Human Genome Project, das vor 25 Jahren abgeschlossen wurde, es Wissenschaftlern ermöglichte, alle menschlichen Gene wie einen Barcode zu lesen. Nun geht dieses neue Projekt weit darüber hinaus: Es liest nicht nur DNA, sondern konstruiert sie Molekül für Molekül von Grund auf. Jede Zelle unseres Körpers enthält ein Molekül namens DNA, das alle genetischen Informationen trägt, die für unsere Existenz notwendig sind.

DNA besteht aus nur vier grundlegenden Bausteinen: Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T), die sich in verschiedenen Kombinationen wiederholen. Erstaunlicherweise enthalten diese einfachen Kombinationen alle genetischen Informationen, die uns physisch definieren. Die genomische Synthese nutzt einen revolutionären Prozess, der es ermöglicht, DNA-Sequenzen in großem Maßstab automatisiert zu erstellen.

In Deutschland arbeiten drei Fraunhofer-Institute im Projekt BIOSYNTH an der Entwicklung einer Mikrochip-Plattform für zukünftige Massendatenspeicher aus synthetischer DNA. Dr. Uwe Vogel, Projektkoordinator am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, erklärt, dass diese Technologie nicht nur für Datenspeicherung, sondern auch für biologische Anwendungen wie Schadstoff-Screening oder die Entwicklung von Wirkstoffen genutzt werden kann.

Deutsche Forschungszentren und ihre Beiträge zur synthetischen Genomik

Deutschland positioniert sich als führend in der synthetischen Genomik-Forschung. Das neue Carl-Zeiss-Stiftung Center for Synthetic Genomics, das an der Universität Heidelberg, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz entsteht, erhält über sechs Jahre insgesamt zwölf Millionen Euro Förderung. Dieses interdisziplinäre Zentrum soll neue Entwicklungen in der Synthetischen Genomik durch Grundlagenforschung und Technologieentwicklung unter Einsatz von Methoden der Künstlichen Intelligenz vorantreiben.

Professor Michael Knop, der erste Sprecher des neuen Zentrums und Systembiologe an der Universität Heidelberg, erklärt: Die Synthetische Genomik ist ein junges, aber global rasant wachsendes Forschungsgebiet mit Transferpotenzial für verschiedene gesellschaftlich relevante Herausforderungen. Das Zentrum bündelt die komplementäre Expertise der drei forschungsstarken Universitäten in den Lebenswissenschaften, dem Molecular Systems Engineering und der biomedizinischen Forschung.

Langfristig soll es möglich werden, lange DNA-Sequenzen für Anwendungen in der Forschung, den Nanomaterialwissenschaften oder der Medizin zu entwerfen und herzustellen. Die Vision umfasst die Herstellung von bio-basierten Arzneien, die Entwicklung von Gentherapien für Krankheiten, die Züchtung schädlingsresistenter Pflanzen, die Produktion von Biotreibstoffen und die Forschung an neuartigen Materialien.

Medizinische Versprechen und therapeutisches Potenzial der Technologie

Die potenziellen medizinischen Anwendungen dieser Technologie sind wahrhaft revolutionär. Die Forscher stellen sich die Entwicklung krankheitsresistenter Zellen vor, die zur Wiederbevölkerung beschädigter Organe einschließlich Leber, Herz und sogar des Immunsystems verwendet werden könnten. Professor Matthew Hurles, Direktor des Wellcome Sanger Institute, das einen bedeutenden Teil des menschlichen Genoms sequenzierte, erklärt, dass viele Krankheiten auftreten, wenn Gene in ihrer Funktion versagen.

Der Aufbau von DNA von Grund auf würde es Wissenschaftlern ermöglichen, zu testen, wie genetisches Material tatsächlich funktioniert, und neue Theorien zu experimentieren - etwas, was sie derzeit nur durch Modifikation bereits existierender DNA in lebenden Systemen tun können. Diese Technologie könnte die Behandlung seltener genetischer Krankheiten, bestimmter Krebsarten, Leber- und Herzerkrankungen sowie Störungen des Immunsystems revolutionieren.

Innovative Unternehmen wie DNA Script entwickeln bereits neuartige enzymatische Methoden der DNA-Synthese, die den natürlichen Prozess der DNA-Replikation in Zellen nachahmen. Das Unternehmen behauptet, dass seine Technologie DNA bis zu zehnmal schneller als chemische Methoden synthetisieren kann, mit höherer Genauigkeit und geringeren Fehlerraten. Das Ziel ist die Entwicklung eines Desktop-DNA-Druckers, der DNA bei Bedarf synthetisieren kann, ohne dass Outsourcing oder Versand erforderlich sind.

Ethische Bedenken und die Designer-Baby-Kontroverse

Trotz des medizinischen Potenzials hat das Synthetic Human Genome Project intensive ethische Debatten in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und darüber hinaus ausgelöst. Kritiker äußern ernsthafte Bedenken über die Möglichkeit, dass skrupellose Wissenschaftler diese Technologie zur Erschaffung verbesserter oder modifizierter Menschen, der gefürchteten Designer-Babys, nutzen könnten. Es gibt auch die Befürchtung, dass die Technologie zur Entwicklung biologischer Waffen oder sogar Kreaturen mit menschlicher DNA verwendet werden könnte.

Biowissenschaftler und Ethiker aus sieben Ländern haben bereits einen weltweiten befristeten Verzicht auf die Schaffung von Designer-Babys mit gentechnischen Methoden wie der Genschere CRISPR/Cas9 gefordert. Bevor die Sicherheit der Technik nicht erwiesen und damit zusammenhängende ethische und gesellschaftliche Fragen nicht geklärt seien, sollten alle Nationen von der klinischen Anwendung solcher Keimbahneingriffe absehen.

Die kontroverse Debatte um neue Gentechnik (NGT) in Deutschland zeigt die Komplexität der ethischen Herausforderungen. Während die einen Potenzial in der Anwendung von NGT im Bereich der Pflanzenzüchtung sehen und hoffen, damit auf komplexe Probleme wie Klimakrise oder Welthunger reagieren zu können, schreiben andere der Anwendung von NGT in der Landwirtschaft kaum Bedeutung für die Lösung unserer existenziellen Krisen zu.

Regulatorische Herausforderungen und gesellschaftliche Auswirkungen

Die EU-Kommission hat im Sommer 2023 einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der eine massive Abschwächung der Gentechnikregeln vorsieht. Sie schlägt vor, den Großteil der zukünftigen NGT-Pflanzen weitreichend aus Transparenz- und Kontrollmechanismen wie Kennzeichnung und Risikobewertung auszuschließen. Wichtige Behörden wie das deutsche Bundesamt für Naturschutz oder die französische Lebensmittelbehörde ANSES kritisieren dieses Vorhaben scharf.

Das Bundesamt für Naturschutz warnt, dass die Deregulierung auch Wildpflanzen, Algen und Bäume beinhalten soll, was zusätzliche unnötige Risiken für die biologische Vielfalt berge. Die Gesellschaft für Ökologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (GfÖ) weist insbesondere auf Gefahren für Wildpflanzen hin. Demnach könnten rund 300.000 Wildpflanzenarten von der drohenden Deregulierung betroffen sein, mit unabsehbaren Folgen für Ökosysteme und Biodiversität.

Deutsche Experten begrüßen internationale Moratoriumsvorschläge grundsätzlich, sind aber vor allem hinsichtlich des konkreten Vorgehens skeptisch. Der Medizinrechtler Jochen Taupitz von den Universitäten Heidelberg und Mannheim kommentiert: Der Vorstoß ist ehrenwert und es ist ihm Erfolg zu wünschen. Die politisch-praktische Umsetzung dürfte allerdings sehr schwierig sein.

Die Zukunft der synthetischen Biologie: Chancen und Risiken abwägen

Die DNA-Synthese-Industrie erlebt einen rasanten Aufschwung, mit Unternehmen wie Ansa Biotechnologies, die behaupten, DNA bis zu 100-mal schneller als chemische Methoden bei vergleichbarer Genauigkeit und Qualität synthetisieren zu können. Diese Technologie kann lange und komplexe DNA-Sequenzen wie Gencluster und -pfade synthetisieren, die mit herkömmlichen Methoden nur schwer oder gar nicht herzustellen sind.

Das Fraunhofer-Projekt BIOSYNTH zeigt, wie vielseitig die Anwendungen synthetischer DNA sein können - von Massendatenspeichern bis hin zu biologischen Anwendungen. Die Forscher wollen diese Moleküle nutzen, um die Auswirkungen von Substanzen und Schadstoffen aus der Umwelt oder der Landwirtschaft auf den menschlichen Körper frühzeitig zu erkennen, zu testen und zu analysieren - oder auch zu beeinflussen für eine gezielte, individuell angepasste therapeutische Wirkung.

Während die Welt aufmerksam beobachtet, stellt dieses Projekt einen Wendepunkt in der Geschichte der Biotechnologie dar. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu bestimmen, ob diese Technologie zu einem Segen wird, der die Medizin revolutioniert und die Lebensqualität der Menschen verbessert, oder ob sie die Tür zu unvorhergesehenen Konsequenzen öffnet, die grundlegend verändern könnten, was es bedeutet, menschlich zu sein. Eines ist sicher: Wir treten in eine Ära ein, in der Science-Fiction schnell zur wissenschaftlichen Realität wird, und wir müssen vorsichtig in diese ungewisse Zukunft navigieren.

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