Slowakei blockiert EU-Sanktionen gegen Russland: Fico fordert Milliarden-Entschädigung für Gasausstieg

Das kleine Land, das Europa blockiert
Wussten Sie, dass ein Land mit nur 5,4 Millionen Einwohnern die gesamte Außenpolitik der Europäischen Union lahmlegen kann? Genau das passiert gerade mit der Slowakei unter Ministerpräsident Robert Fico. Am 15. Juli 2025 scheiterte zum zweiten Mal die Verabschiedung des 18. EU-Sanktionspakets gegen Russland am Widerstand Bratislavas. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zeigte sich nach dem Treffen der Außenminister in Brüssel sichtlich frustriert: Ich bin wirklich traurig, dass wir heute keine Einigung erzielen konnten.
Die Situation ist besonders brisant, weil Fico nicht etwa grundsätzlich gegen Sanktionen ist, sondern eine geschickte Erpressungstaktik fährt. Er verknüpft seine Zustimmung zu den Russland-Sanktionen mit einem völlig anderen Thema: dem EU-Plan zum Ausstieg aus russischen Energieimporten bis 2027. Diese Verknüpfung zweier separater Politikbereiche hat in Brüssel für Kopfschütteln gesorgt und zeigt die Schwächen des EU-Entscheidungssystems auf.
Besonders pikant: Während Ungarn, traditionell Russland-freundlich, seine Einwände zurückgezogen hat, bleibt die Slowakei als einziges Land beim Veto. Kallas betonte, dass die Kommission sehr nah an einer Überzeugung der Slowakei gewesen sei und alle Forderungen erfüllt habe. Jetzt liegt der Ball bei der Slowakei, und wir müssen diese Einigung zustande bringen, forderte sie mit einem deutlichen Unterton der Ungeduld.
Gazprom-Vertrag als Trumpfkarte

Die Wurzel des Problems liegt in der Energieabhängigkeit der Slowakei von Russland. Das Land hat einen langfristigen Gasvertrag mit Gazprom, der bis 2034 läuft - sieben Jahre länger als der EU-Ausstiegsplan vorsieht. Seit Februar 2025 bezieht die Slowakei russisches Gas über die TurkStream-Pipeline durch die Türkei und Ungarn, nachdem die Ukraine den Transit eingestellt hatte.
SPP-Chef Vojtech Ferencz machte deutlich, dass sein Unternehmen den Gazprom-Vertrag trotz politischer Bedenken einhalten will: Der Krieg wird enden, und die Dinge werden wiederhergestellt. Diese Haltung zeigt, wie tief die wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland noch immer sind. Der Vertrag ist für die Slowakei nicht nur aus Versorgungssicherheit wichtig, sondern auch finanziell attraktiv, da Gazprom die Transportkosten bis zur slowakischen Grenze übernimmt.
Experten schätzen, dass eine vorzeitige Vertragskündigung Klagen in Höhe von 16 bis 20 Milliarden Euro nach sich ziehen könnte. Bei einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 115 Milliarden Euro wäre das ein verheerender Schlag für die slowakische Wirtschaft. Diese Zahlen erklären, warum Fico so hartnäckig auf finanzielle Garantien pocht. In der europäischen Energiepolitik-Community wird heftig diskutiert, ob die EU solche Entschädigungen zahlen sollte oder ob die Slowakei ihre Abhängigkeit selbst verschuldet hat.
Von der Leyens verzweifelte Zugeständnisse
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unternahm einen letzten Versuch, Fico zu überzeugen. In einem dreiseitigen Brief vom 15. Juli bot sie konkrete Hilfen an: Klarstellung der Notfallmechanismen bei Energiepreisanstiegen, EU-Gelder zur Kompensation negativer Auswirkungen auf Haushalte und Industrie, sowie rechtliche Unterstützung bei möglichen Gazprom-Klagen.
Doch Fico ließ sich nicht erweichen. Seine Koalitionspartner hätten das Angebot kategorisch abgelehnt, einige bezeichneten die EU-Garantien sogar als NICHTS. Diese harsche Reaktion zeigt, wie verhärtet die Fronten zwischen Bratislava und Brüssel sind. In deutschen Medien wird Ficos Verhalten als Erpressung kritisiert, während slowakische Kommentatoren seine Verteidigung nationaler Interessen loben.
Die Europäische Kommission hatte bereits im Mai ihren REpowerEU-Plan vorgestellt, der einen schrittweisen Ausstieg aus russischen Energieimporten bis 2027 vorsieht. Neue Gasverträge sollen ab 2026 verboten werden, bestehende kurzfristige Verträge müssen bis Juni 2026 auslaufen. Für Binnenländer wie die Slowakei gibt es begrenzte Ausnahmen für langfristige Verträge bis Ende 2027 - aber nicht bis 2034.
Das 18. Sanktionspaket: Härte gegen Putins Kriegsmaschinerie
Was genau steht auf dem Spiel? Das 18. Sanktionspaket ist eines der schärfsten Instrumente, die die EU je gegen Russland eingesetzt hat. Es beinhaltet ein Transaktionsverbot für die Nord Stream-Pipelines, die Listung von 77 weiteren Öltankern der russischen Schattenflotte und eine Senkung der Ölpreisobergrenze von 60 auf 45 Dollar pro Barrel.
Zusätzlich werden 22 russische Banken vom SWIFT-System ausgeschlossen, was ihre internationale Handlungsfähigkeit massiv einschränkt. Die Maßnahmen zielen darauf ab, Russlands Energieeinnahmen weiter zu reduzieren und die Finanzierung des Ukraine-Kriegs zu erschweren. Von der Leyen betonte bei der Vorstellung: Russland hat wiederholt versucht, uns mit der Bewaffnung seiner Energielieferungen zu erpressen.
Das Verbot der Nord Stream-Transaktionen soll jede Spekulation über eine mögliche Wiederbelebung der Pipeline beenden. Obwohl die Leitungen seit dem Sabotageakt vom September 2022 nicht mehr funktionsfähig sind, wollte die EU klare rechtliche Barrieren schaffen. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte bereits im Mai bekräftigt, dass Deutschland alles dafür tun werde, um eine Wiederinbetriebnahme von Nord Stream 2 zu verhindern.
Europäische Reaktionen: Zwischen Kritik und Verständnis
Die Reaktionen auf Ficos Blockadehaltung fallen gemischt aus. Die Grünen im Europaparlament kritisierten scharf: Ein einziger Anführer sollte nicht in der Lage sein, Europas einheitliche Position zu Frieden, Demokratie und Völkerrecht zu torpedieren. Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala forderte seinen slowakischen Kollegen auf, das Veto zurückzuziehen und die europäische Einheit zu wahren.
In den sozialen Medien zeigt sich die europäische Öffentlichkeit gespalten. Während viele Nutzer Ficos Taktik als Verrat an der Ukraine-Solidarität sehen, argumentieren andere, dass die Slowakei legitime Sorgen um ihre Energiesicherheit hat. Ein deutscher Twitter-Nutzer schrieb: Wenn mein Land so abhängig vom russischen Gas wäre, würde ich auch Garantien fordern. Ein polnischer User konterte: Die Freiheit der Ukraine ist wichtiger als slowakische Gasrechnungen.
Die Situation offenbart ein fundamentales Problem der EU-Entscheidungsfindung: Wie kann man kollektives Handeln gewährleisten, wenn einzelne Mitgliedstaaten so unterschiedliche Interessen haben? Online-Diskussionen drehen sich zunehmend um die Frage, ob die Einstimmigkeitsregel bei Sanktionen noch zeitgemäß ist oder ob qualifizierte Mehrheitsentscheidungen notwendig sind.
Energiesicherheit vs. Geopolitik: Ein Dilemma ohne einfache Lösung
Die Slowakei ist nicht das einzige Land, das von russischer Energie abhängig ist, aber ihre geografische Lage macht sie besonders verletzlich. Als Binnenland ohne eigene Energieressourcen war sie traditionell auf Pipeline-Importe angewiesen. Die Internationale Energieagentur beziffert den Anteil russischer Energie am slowakischen Bedarf auf etwa 45 Prozent - ein enormer Wert, der nicht von heute auf morgen ersetzt werden kann.
Experten warnen, dass ein zu schneller Ausstieg aus russischen Energieimporten die slowakische Wirtschaft destabilisieren könnte. Die Industrie des Landes ist energie-intensiv und konkurriert international über niedrige Kosten. Höhere Energiepreise würden Arbeitsplätze gefährden und könnten zu sozialen Unruhen führen. Diese Befürchtungen werden in der slowakischen Bevölkerung breit geteilt, was Ficos harte Verhandlungsposition innenpolitisch stärkt.
Andererseits argumentieren Kritiker, dass die Slowakei ihre Abhängigkeit selbst verschuldet hat, indem sie jahrelang auf billige russische Energie gesetzt hat, anstatt in Diversifizierung zu investieren. Der EU-Plan sieht detaillierte Diversifizierungspläne vor, die konkrete Schritte und Meilensteine zur Ablösung russischer Energieimporte festlegen. Doch diese Pläne brauchen Zeit und Geld - beides Ressourcen, die in der aktuellen Krise knapp sind.
Ausblick: Kompromiss oder Konfrontation?
Während ich diesen Artikel schreibe, bereiten sich die EU-Diplomaten auf eine weitere Verhandlungsrunde vom 16. Juli vor. Die Hoffnungen auf einen Durchbruch sind gedämpft, da Fico bereits angekündigt hat, nur bei substanziellen Zugeständnissen einzulenken. Die Kommission steht vor einem Dilemma: Gibt sie der slowakischen Erpressung nach, könnte das einen Präzedenzfall für andere Länder schaffen. Bleibt sie hart, riskiert sie das Scheitern wichtiger Sanktionen gegen Russland.
Ein möglicher Kompromiss könnte eine zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung für die Slowakei beinhalten, gekoppelt an einen konkreten Diversifizierungsplan und EU-Finanzierungshilfen. Solche Deals sind in der EU-Geschichte nicht ungewöhnlich - sie erfordern aber politischen Willen auf allen Seiten. Die Frage ist, ob Fico bereit ist, sein Veto gegen konkrete Zusagen aufzugeben, oder ob er die Krise weiter eskalieren lässt.
Die Auswirkungen dieses Konflikts reichen weit über die Energiepolitik hinaus. Er testet die Belastbarkeit der europäischen Einheit in Krisenzeiten und könnte langfristige Reformen der EU-Entscheidungsprozesse auslösen. Für die Ukraine bedeutet jeder Tag ohne neue Sanktionen weitere Ressourcen für Putins Kriegsmaschinerie. Die Zeit arbeitet gegen alle Beteiligten - außer vielleicht gegen Russland selbst.
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