Südkoreas finale Präsidentschaftsdebatte endet in Chaos: Persönliche Angriffe überschatten Sachpolitik

Das finale Aufeinandertreffen vor der Wahl am 3. Juni
Am 27. Mai 2025 fand die dritte und abschließende Fernsehdebatte der südkoreanischen Präsidentschaftskandidaten statt, die von der Zentralen Wahlrundfunkkommission im MBC-Studio in Mapo-gu, Seoul, organisiert wurde. Eine Woche vor der entscheidenden Wahl am 3. Juni sollten Lee Jae-myung von der Demokratischen Partei, Kim Moon-soo von der Partei der Volksmacht, Lee Jun-seok von der Reformpartei und Kwon Young-kook von der Demokratischen Arbeiterpartei ihre Visionen zu politischen Reformen, Verfassungsänderungen und Außen- sowie Sicherheitspolitik präsentieren.
Was als sachliche Diskussion über die Zukunft Südkoreas gedacht war, entwickelte sich jedoch zu einem spektakulären Schlagabtausch voller persönlicher Angriffe und politischer Theatralik. Die Kandidaten verbrachten mehr Zeit damit, sich gegenseitig zu attackieren, als konstruktive Lösungen für die drängenden Probleme des Landes zu präsentieren. Diese Entwicklung spiegelt die tiefe politische Spaltung wider, die Südkorea seit der Verfassungskrise im Dezember 2024 durchzieht.
Die Zuschauerzahlen für die Debatten sind kontinuierlich gesunken und fielen erstmals seit der Einführung der Fernsehdebatten 1997 unter 20 Prozent. Diese Entwicklung zeigt die wachsende Frustration der Bürger über die Qualität des politischen Diskurses und das Versagen der Kandidaten, substantielle Antworten auf die Herausforderungen des Landes zu liefern.
Persönliche Attacken dominieren die Diskussion

Anstatt sich auf Sachthemen zu konzentrieren, griffen die Kandidaten zu persönlichen Angriffen und brachten alte Kontroversen wieder auf. Lee Jun-seok attackierte Lee Jae-myung wegen vergangener behindertenfeindlicher Äußerungen und anderer Skandale, während Lee Jae-myung Lee Jun-seok vorwarf, in der Nacht der Kriegsrechtserklärung von Yoon Suk Yeol nach Hause gegangen zu sein, um zu duschen und sich umzuziehen, wodurch er zu spät zur Nationalversammlung gekommen sei, um an der Abstimmung zur Aufhebung des Kriegsrechts teilzunehmen.
Kim Moon-soo griff Lee Jae-myung mit Verweis auf den sogenannten falschen Junggesellen-Skandal und Aufnahmen mit Schimpfwörtern an, die Familienmitglieder von Lee betrafen. Lee antwortete, indem er Vorwürfe über Kims angebliche Misshandlung von Feuerwehrleuten während seiner Zeit als Gouverneur der Provinz Gyeonggi aufbrachte. Die Negativität erreichte ein solches Niveau, dass Lee Jae-myung und Kim Moon-soo am Ende der Debatte gegenseitige Beschwerden wegen der Verbreitung falscher Informationen einreichten.
Diese beispiellose Entwicklung verdeutlichte, wie toxisch der politische Diskurs geworden war, selbst in einem formellen, regulierten Debattenumfeld. Die Kandidaten schienen mehr daran interessiert zu sein, alte Wunden aufzureißen, als zukunftsorientierte Visionen für Südkorea zu präsentieren.
Außenpolitische Visionen bleiben oberflächlich
Trotz des beabsichtigten Fokus auf Außenpolitik und Sicherheitsfragen wurden substantielle Politikdiskussionen weitgehend von politischem Gezänk überschattet. Wenn die Kandidaten doch Sachthemen ansprachen, offenbarten ihre Äußerungen erhebliche ideologische Unterschiede bei Schlüsselthemen wie Südkoreas Allianz mit den USA und dem Umgang mit Nordkorea.
Lee Jae-myung betonte, dass die koreanisch-amerikanische Allianz das Fundament der südkoreanischen Diplomatie sein sollte, und forderte, sie substantiell und zukunftsorientiert zu entwickeln. Gleichzeitig argumentierte er, dass Südkoreas Verteidigung auf einem eigenen unabhängigen Raketenabwehrsystem basieren sollte, während er einräumte, dass weitere Debatten über das bereits eingesetzte THAAD-System nicht hilfreich wären.
Kim Moon-soo schlug einen härteren Ansatz im Umgang mit Nordkorea vor und kritisierte das Kim Jong-un-Regime dafür, das Leben der Menschen mit nuklearen und Raketenprovokationen zu bedrohen. Er gelobte, die nuklearen Abschreckungskapazitäten zu stärken, die von der südkoreanisch-amerikanischen Allianz unterstützt werden, und ein Land aufzubauen, das unerschütterlich gegen jede Bedrohung steht. Kim deutete auch an, dass er eine Erhöhung von Seouls Anteil an den Verteidigungskosten in Betracht ziehen könnte, falls US-Präsident Donald Trump dies fordere.
Der Schatten des Kriegsrechts überschattet alles
Das Gespenst des gescheiterten Kriegsrechtsversuchs des ehemaligen Präsidenten Yoon Suk Yeol vom 3. Dezember 2024 dominierte einen Großteil des Debattendiskurses. Die Kandidaten stritten wiederholt über ihre Reaktionen auf diese Verfassungskrise und ihre Beziehungen zum abgesetzten Präsidenten. Lee Jae-myung grillte Kim Moon-soo zu seiner Haltung bezüglich Yoons Amtsenthebung und nannte ihn an einem Punkt Yoons Avatar.
Die Kriegsrechtskontroverse wurde zu einem Lackmustest für die demokratischen Referenzen der Kandidaten, wobei jeder versuchte, sich als wahren Verteidiger der Demokratie zu positionieren. Lee Jae-myung erklärte in seinen Schlussbemerkungen, dass diese Wahl entscheiden werde, ob die Kräfte hinter dem Aufstand zurückkehren oder ob Südkorea als hoffnungsvolle neue demokratische Republik wiedergeboren wird.
Diese Fokussierung auf vergangene Ereignisse, obwohl politisch bedeutsam, ging auf Kosten zukunftsorientierter Politikdiskussionen, die die Wähler dringend hören mussten. Die Kandidaten schienen mehr daran interessiert zu sein, die Verfassungskrise wieder aufzurollen, als ihre Visionen für Südkoreas Zukunft zu präsentieren.
Sinkendes öffentliches Interesse und institutionelles Versagen
Die schlechte Qualität der Debatten spiegelte sich im sinkenden öffentlichen Interesse wider, wobei die Einschaltquoten erstmals seit der Einführung der Fernsehdebatten 1997 unter 20 Prozent fielen. Die erste Debatte erreichte 19,6 Prozent Zuschauerzahlen, während die zweite nur 18,4 Prozent schaffte, was darauf hindeutet, dass die Wähler sich von dem abwandten, was entscheidende demokratische Übungen hätten sein sollen.
Kritiker haben auf institutionelle Versagen im Debattenformat selbst hingewiesen. Derzeit sind nur drei Debatten von der Nationalen Wahlkommission vorgeschrieben, jede dauert 120 Minuten. Das starre Zeitzuteilungssystem begrenzt die Redezeit jedes Kandidaten in freier Diskussion auf nur sechseinhalb Minuten, was eine tiefere Auseinandersetzung verhindert und es den Kandidaten ermöglicht, schwierigen Fragen mit vagen oder irrelevanten Antworten auszuweichen.
Im Gegensatz zu US-Präsidentschaftsdebatten sind koreanische Moderatoren darauf beschränkt, die Zeit zu verwalten, anstatt aktiv die Qualität aufrechtzuerhalten und die Kandidaten zu substantiellen Antworten zu drängen. Dieser mechanische Ansatz zur Gleichberechtigung hat sich als unzureichend erwiesen, um einen sinnvollen demokratischen Diskurs zu gewährleisten.
Umfrageergebnisse nach der finalen Debatte
Die letzte Meinungsumfrage vor dem Verbot der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen am 28. Mai 2025 wurde von KBS-Korea Research am 27. Mai um 22 Uhr veröffentlicht, direkt nach der dritten TV-Debatte. Die Umfrage, die vom 25. bis 27. Mai unter 1.000 Erwachsenen durchgeführt wurde, zeigte Lee Jae-myung mit 45 Prozent in Führung, gefolgt von Kim Moon-soo mit 36 Prozent, Lee Jun-seok mit 10 Prozent und Kwon Young-kook mit 1 Prozent.
Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage zehn Tage zuvor war Lee Jae-myungs Unterstützung um 1 Prozentpunkt gesunken, während Kim Moon-soo um 5 Prozentpunkte und Lee Jun-seok um 2 Prozentpunkte zugelegt hatten. Diese Verschiebungen deuten darauf hin, dass die Debatten möglicherweise einen gewissen Einfluss auf die Wählerpräferenzen hatten, auch wenn sie inhaltlich enttäuschend waren.
Interessant ist auch, dass 51 Prozent der Befragten einen Regierungswechsel befürworteten, während 40 Prozent eine Fortsetzung der bestehenden Regierungsrichtung wünschten. Diese Zahlen zeigen eine leichte Verschiebung zugunsten der konservativen Position im Vergleich zu früheren Umfragen.
Dringender Reformbedarf für zukünftige Debatten
Das offensichtliche Versagen der Präsidentschaftsdebatten 2025, ihrem beabsichtigten Zweck zu dienen, hat den dringenden Bedarf für institutionelle Reformen aufgezeigt. Experten haben gefordert, die Anzahl und Dauer der Debatten zu erhöhen, das Format zu überarbeiten, um mehr direkte Auseinandersetzungen zwischen den Kandidaten zu ermöglichen, und Moderatoren oder Politikexperten die Befugnis zu geben, Kandidaten im Namen der Wähler direkt zu befragen.
Es gibt auch Bedenken über das überfüllte Debattenformat, bei dem Kandidaten mit 1 oder 2 Prozent in Umfragen die gleiche Redezeit erhalten wie solche mit 30 oder 40 Prozent. Eine Erhöhung der Teilnahmeschwelle könnte dazu beitragen, den Fokus auf Kandidaten mit lebensfähiger öffentlicher Unterstützung zu schärfen und die Gesamtqualität des Diskurses zu verbessern.
Während sich Südkorea der Wahl am 3. Juni nähert, stehen die Wähler vor der enttäuschenden Realität, dass der formelle Debattenprozess versagt hat, ihnen die substantiellen Politikvergleiche zu liefern, die sie für informierte Entscheidungen benötigen. Die Debatten, die rationales Wählen fördern sollten, haben stattdessen zu der politischen Polarisierung beigetragen, die sie eigentlich ansprechen sollten.
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